Im Mittelpunkt der polnischen Präsidentschaft stehen die Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherheit der Europäischen Union in all ihren Dimensionen: extern, intern, informationstechnisch, wirtschaftlich, energetisch, ernährungsbezogen und gesundheitlich. Polen hat sieben Säulen der Sicherheit als Prioritäten für sein Handeln festgelegt.
Es gibt bereits Fortschritte bei höheren EU-Ausgaben für Rüstung, bei der Deregulierung sowie bei neuen genomischen Techniken.
Verteidigungsfähigkeit
Die erste Säule der polnischen Ratspräsidentschaft ist es, die Verteidigungsfähigkeit Europas deutlich zu stärken. Geplant sind unter anderem höhere Investitionen in militärische Ausrüstung, eine gezielte Förderung der europäischen Rüstungsindustrie sowie Maßnahmen zur Schließung bestehender Fähigkeitslücken.
Dabei soll auch die Diskussion über eine langfristige und verlässliche Finanzierung der Verteidigung innerhalb der EU neuen Schwung bekommen. Gleichzeitig liegt ein Fokus auf dem Ausbau wichtiger Verteidigungsinfrastruktur – etwa dem „Schutzschild Ost“ oder der „Baltischen Verteidigungslinie“. Beide gelten als entscheidende Elemente für den Schutz Europas, insbesondere im Hinblick auf sogenannte Dual-Use-Technologien, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden können.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die enge Zusammenarbeit mit internationalen Partnern. Die Kooperation mit der NATO sowie mit Staaten außerhalb der EU – wie den USA, dem Vereinigten Königreich oder Südkorea – soll vertieft und strategisch ausgebaut werden.
Es zeigen sich erste Ergebnisse der Maßnahmen:
Die Einstellung zu den Verteidigungsausgaben hat sich verändert. Dieses Ziel der Präsidentschaft hatte Finanzminister Andrzej Domański im Dezember 2024 vorgestellt. Auf polnische Initiative hin stimmte die EU zu, Verteidigungsausgaben von den fiskalischen Regeln der Union im Rahmen des Verfahrens wegen übermäßigen Defizits auszunehmen.
Im März hat die Europäische Kommission das Maßnahmenpaket ReArm Europe vorgestellt – ein zentraler Baustein zur Stärkung der europäischen Verteidigung. Im Fokus stehen Investitionen in strategisch wichtige Ausrüstung wie Luft- und Raketenabwehrsysteme, Artillerie, Raketen, Munition sowie Drohnen- und Anti-Drohnen-Technologie.
Das Paket sieht vor, dass – bei einem durchschnittlichen Verteidigungsetat von 1,5 % des BIP in jedem EU-Mitgliedsstaat – rund 800 Milliarden Euro zusätzlich in den Verteidigungsbereich fließen könnten. Davon würden etwa 650 Milliarden Euro über nationale Haushalte und EU-Mittel aufgebracht. Ergänzend plant die Kommission einen Kreditrahmen in Höhe von 150 Milliarden Euro, der gezielt den Kauf von Verteidigungsfähigkeiten unterstützen soll, die überwiegend in Europa hergestellt werden.
Militärausgaben würden damit von den strengen europäischen Defizitvorgaben ausgenommen. Zudem prüft die EU eine Harmonisierung von Anforderungen sowie gemeinsame Beschaffungen, um einen effizienteren Markt zu schaffen, Kosten zu senken, grenzüberschreitenden Zugang zu Lieferketten zu gewährleisten und die Wettbewerbsfähigkeit des Verteidigungssektors insgesamt zu steigern.
Schutz von Menschen und Grenzen
Das Ziel ist es, ein optimales Maß an innerer Sicherheit für die Bürger Europas angesichts von Herausforderungen im Bereich Migration, Schutz der EU-Außengrenzen, hybrider Bedrohungen sowie des ordnungsgemäßen Funktionierens des Schengen-Raums zu gewährleisten.
Geplant ist, die Fähigkeiten der EU und ihrer Mitgliedstaaten im Bereich Bevölkerungsschutz, Katastrophenresilienz, Rettungsdienste und humanitäre Hilfe weiter auszubauen. Dazu zählen auch gezielte Maßnahmen zur Bekämpfung internationaler Netzwerke organisierter Kriminalität, des Terrorismus und der Radikalisierung – insbesondere im Kontext sicherheitspolitischer Herausforderungen, die sich aus der russischen Aggression gegen die Ukraine ergeben.
Der Plan der polnischen Ratspräsidentschaft sieht in diesem Zusammenhang eine Reihe bedeutender Veranstaltungen zur inneren Sicherheit vor. So fand am 27. und 28. März 2025 eine informelle Sitzung des Ständigen Ausschusses für operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) statt. Im Einklang mit den sicherheitspolitischen Prioritäten der Ratspräsidentschaft konzentrierte sich die Sitzung auf die künftige Ausrichtung der europäischen Sicherheitsinitiative EMPACT, die Präsentation des neuen Europol-Lageberichts SOCTA 2025, aktuelle Entwicklungen und bedenkliche Trends auf dem Drogenhandelsmarkt sowie auf Maßnahmen zur verstärkten Zusammenarbeit im Kampf gegen den Menschenhandel.
Dem COSI gehören Vertreter der zuständigen nationalen Ministerien sowie ständige Vertreter der EU-Mitgliedstaaten an. Seine zentrale Aufgabe besteht darin, die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit zwischen den Mitgliedstaaten zu koordinieren, zu fördern und weiterzuentwickeln. Ergänzend dazu sind für Juni die Vorstandssitzungen der EU-Agentur Frontex (11.–12. Juni) sowie von Europol (25.–26. Juni) geplant.
Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einmischung und Desinformation
Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit demokratischer Strukturen sowie zur Eindämmung von Polarisierung und Radikalisierung. Dazu zählen das frühzeitige Erkennen und die Bekämpfung von Desinformation und ausländischer Einflussnahme ebenso wie langfristige Initiativen zur politischen Bildung und zur Förderung einer aktiven Zivilgesellschaft.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Cybersicherheit, vor allem auf der Entwicklung moderner und gleichzeitig sicherer digitaler Dienste. Zudem soll gezielt gegen Klimadesinformation vorgegangen werden, um die Sicherheit und Stabilität in Zeiten des Klimawandels zu erhöhen. Ziel ist es, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die grüne Transformation sowie in die Energie- und Klimapolitik der EU zu stärken. Polen verfolgt in diesem Zusammenhang einen besonders strengen Ansatz gegenüber den EU-Vorgaben und hat einen umfassenden Mechanismus zur Bewertung sogenannter Hochrisikoanbieter etabliert. Dieser nationale Alleingang wirft Fragen hinsichtlich der Kohärenz und Wirksamkeit europäischer Regulierungsansätze auf. Die polnischen Vorschläge dürften sich zudem deutlich auf die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen auswirken.
Während seiner Ratspräsidentschaft wird sich Polen auch auf den Schutz demokratischer Prozesse und eine wirksamere Bekämpfung von Desinformation konzentrieren. Im Fokus steht dabei ein ganzheitlicher Ansatz im Bereich der Cybersicherheit – unter anderem durch die Aktualisierung des EU-Krisenmanagementrahmens für Cybersicherheitsvorfälle (Cyber Blueprint), die Förderung einer engeren Zusammenarbeit zwischen zivilen und militärischen Akteuren, die sichere und nachhaltige Entwicklung innovativer KI-Anwendungen sowie die konsequente Umsetzung des EU-KI-Gesetzes.
Gewährleistung von Sicherheit und unternehmerischer Freiheit
Dieser Themenbereich konzentriert sich auf Maßnahmen, die auf technologische Veränderungen, die Energie- und Klimawende sowie auf die Auswirkungen geopolitischer Spannungen reagieren. Im Zentrum steht die Notwendigkeit, den europäischen Binnenmarkt weiter zu vertiefen und bestehende Hürden für grenzüberschreitende Aktivitäten – insbesondere im Dienstleistungssektor – abzubauen.
Ein vorrangiges Ziel ist die Umsetzung von Initiativen, die den Zugang zu privatem Kapital für wachstums- und investitionswillige Unternehmen erleichtern. Die polnische Ratspräsidentschaft wird in diesem Zusammenhang die Entlastung von bürokratischen Auflagen fördern und den Fokus auf eine gezielte Unterstützung jener Industriezweige legen, die für die wirtschaftliche Sicherheit und den Aufbau langfristiger Wettbewerbsvorteile entscheidend sind. Dabei wird zugleich Wert darauf gelegt, dass innerhalb der EU gleiche Wettbewerbsbedingungen gewahrt bleiben.
Zu den geplanten Maßnahmen gehören die Wiederherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für die europäische Industrie auf dem Weltmarkt, die Weiterentwicklung handelspolitischer Instrumente, eine konsequentere Durchsetzung von Vorschriften beim Inverkehrbringen von Waren auf dem EU-Binnenmarkt sowie eine effizientere Nutzung des Potenzials öffentlicher Aufträge in der gesamten Union.
Am 11. März 2025 verabschiedete die polnische Regierung in diesem Zusammenhang das erste Deregulierungspaket, das vom Ministerium für Entwicklung und Technologie ausgearbeitet wurde. Es umfasst über 40 gesetzliche Änderungen in verschiedenen Bereichen, darunter neue Vorgaben für Unternehmensprüfungen, vereinfachte Verwaltungsverfahren und klare Grundsätze für die Gestaltung des Wirtschaftsrechts. Die neuen Regelungen sind gezielt auf die Bedürfnisse moderner Unternehmen ausgerichtet, berücksichtigen gleichzeitig notwendige Standards und passen das wirtschaftsrechtliche Umfeld an aktuelle Anforderungen an.
Die Vorschriften sollen dabei einfach, verständlich und praxisnah sein. Insgesamt zielen die neuen Maßnahmen darauf ab, wirtschaftliche Prozesse effizienter zu gestalten, die Position polnischer Unternehmen auf dem Markt zu stärken und ihre Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu verbessern. Unternehmensprüfungen werden künftig nach neuen, entlastenden Prinzipien durchgeführt, um die operative Geschäftstätigkeit nicht unnötig zu behindern.
Dazu gehören etwa die Verkürzung der maximalen Kontrollzeit, die Verpflichtung zur Übermittlung einer vorläufigen Liste der benötigten Informationen und Dokumente an das Unternehmen sowie die Anpassung der Häufigkeit geplanter Kontrollen an das identifizierte Risiko der ausgeübten Tätigkeit.
Verwaltungsverfahren sollen beschleunigt und vereinfacht werden, unter anderem durch die Einführung hybrider Entscheidungen, die stärkere Nutzung sogenannter "weicher Aufforderungen" – also die Möglichkeit, sich ohne formelle Verfahren an Unternehmen zu wenden – sowie durch den Übergang vom Prinzip der Zweiinstanzlichkeit zur Eininstanzlichkeit.
Die Deregulierungsmaßnahmen beziehen sich auch auf die Grundsätze der Gestaltung des Wirtschaftsrechts: Es soll wirksam, angemessen und zukunftsorientiert sein.
Vorgeschlagen wurde unter anderem eine angemessene Übergangsfrist (vacatio legis) von sechs Monaten für neue gesetzliche Regelungen, die Unternehmen zusätzliche Pflichten auferlegen. Ebenfalls angeregt wurde das Prinzip der ausgewogenen administrativen Anforderungen sowie eine verpflichtende ex-post-Folgenabschätzung zwei Jahre nach Inkrafttreten eines Gesetzes – vorausgesetzt, es fanden im Vorfeld keine öffentlichen Konsultationen statt. Ergänzend soll die regelmäßige Erstellung eines staatlichen Regulierungsprogramms zur besseren Planbarkeit beitragen.
Ein zentrales Instrument zur Modernisierung der europäischen Wirtschaft könnte künftig der Clean Industrial Deal werden. Dieser verfolgt das Ziel, die industrielle Wettbewerbsfähigkeit mit einer Reduktion der Treibhausgasemissionen und der Förderung nachhaltiger Technologien zu verbinden. Die konkreten Ausgestaltungen dieses Konzepts sind derzeit noch in Arbeit. Die Europäische Kommission führt aktuell Konsultationen mit den Mitgliedstaaten durch, was bedeutet, dass eine vollständige Umsetzung noch einige Jahre in Anspruch nehmen dürfte. Erste Regelungen – etwa zu Energiepreisen, zur Verteilung von EU-Fördermitteln oder zu Erleichterungen für Unternehmen, die in grüne Technologien und Industrieprojekte investieren – werden jedoch bereits in naher Zukunft erwartet.
Im Zentrum steht das Ziel, europäische Unternehmen langfristig wettbewerbsfähig zu halten – insbesondere angesichts globaler wirtschaftlicher Herausforderungen. Innerhalb der EU zeichnet sich dabei ein wachsender Fokus auf wirtschaftliche Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit ab.
Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist die Reform des EU-Zollkodex. Das polnische Finanzministerium arbeitet derzeit an einer Position des Rates der EU, deren Verabschiedung für Mai erwartet wird. Vorgesehen ist unter anderem die verpflichtende Digitalisierung aller Zollanmeldungen über das neue EU-Zolldatenzentrum, die schrittweise Abschaffung papierbasierter Zollformulare und deren Ersetzung durch ein elektronisches System. Auch der Status des „zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten“ (Authorised Economic Operator – AEO) soll neu geregelt werden, um Unternehmen schnellere Abfertigung und vereinfachte Verfahren zu ermöglichen. Zusätzlich soll die Rolle der Zollbehörden bei der Risikoanalyse und Überwachung von Warenbewegungen gestärkt werden.
Diese Reformen zielen darauf ab, Zollverfahren zu vereinfachen, Bürokratie abzubauen und so die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im Binnenmarkt zu verbessern.
Auch im Bereich Sozialpolitik wurde Fortschritt erzielt: Die EU-Arbeitsministerinnen und -minister betonten die Bedeutung politischer Maßnahmen, die die Gleichstellung im Erwerbsleben fördern und Menschen dabei unterstützen, Beruf und familiäre Betreuung besser zu vereinbaren. Es wurde eine gemeinsame Erklärung verabschiedet, die die Fortsetzung der Zusammenarbeit bei der Umsetzung innovativer Lösungen zur besseren Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie den Ausbau des Arbeitnehmerschutzes im digitalen Zeitalter bekräftigt.
Eine sichere und starke Europäische Union ist ohne ein krisenfestes europäisches Verkehrssystem nicht möglich.
Der Ausbau einer Verkehrsinfrastruktur für die doppelte, zivile und militärische Nutzung ist unerlässlich. Ebenso notwendig ist die Stärkung der militärischen Mobilitätskomponente unter Berücksichtigung der aktuellen geopolitischen Lage. Es ist notwendig, die Verkehrsinfrastruktur so zu gestalten, dass sie den aktuellen Herausforderungen gerecht wird, etwa der Verkürzung von Lieferketten und – soweit möglich – der Verringerung der Abhängigkeit von Produktionsmitteln außerhalb der EU.
Die TEN-V-Politik (Transeuropäisches Verkehrsnetz) spielt eine entscheidende Rolle bei dem Bestreben, die Effizienz des europäischen Verkehrs zu steigern, wobei gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit, Zugänglichkeit, Kohärenz und Resilienz des Systems weiter ausgebaut werden sollen.
Energiewende
Die Zuverlässigkeit und Versorgungssicherheit bei Energierohstoffen bleibt ein zentraler Faktor für die Energiesicherheit der Europäischen Union. Ziel ist es, Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen den Zugang zu Energie in ausreichender Menge und zu wirtschaftlich tragbaren Preisen dauerhaft zu gewährleisten.
Geplant war ein vollständiger Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischen Energieimporten, verbunden mit einer spürbaren Senkung der Energiepreise sowohl innerhalb der EU als auch in angrenzenden Regionen. Zudem sollen faire Wettbewerbsbedingungen für sämtliche saubere Energiequellen innerhalb der Union geschaffen werden.
Vor dem Hintergrund wachsender Bedenken hinsichtlich einer einseitigen Abhängigkeit von Flüssigerdgas (LNG) aus den USA wurden Stimmen laut – auch aus den Führungsetagen großer europäischer Energieunternehmen –, die eine teilweise Rückkehr zum Import russischen Gases, unter anderem von Gazprom, in Erwägung ziehen. Ein solcher Schritt würde eine grundlegende Neuausrichtung der bisherigen europäischen Energiepolitik bedeuten.
Die Handlungsspielräume sind jedoch begrenzt: Die Gespräche mit Katar – einem der weltweit führenden LNG-Exporteure – über zusätzliche Gaslieferungen verlaufen derzeit schleppend. Zwar wurden die Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien innerhalb der EU deutlich gesteigert, doch das aktuelle Ausbautempo reicht bislang nicht aus, um eine umfassende Energiesicherheit sicherzustellen.
Parallel dazu arbeitet die Europäische Kommission an der Überarbeitung des Programme Indicatif Nucléaire Communautaire (PINC), das noch im laufenden Jahr veröffentlicht werden soll. Dieses aktualisierte Musterprogramm für die Kernenergie wird eine umfassende Analyse der Kosten und Investitionserfordernisse über den gesamten Lebenszyklus nuklearer Anlagen in der EU enthalten.
Wettbewerbsfähige und widerstandsfähige Landwirtschaft
Angestrebt wird eine Stärkung der Rolle der Landwirtinnen und Landwirte innerhalb der Lieferkette, die Stabilisierung ihrer Einkommen sowie eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors insgesamt. Ziel ist zudem der Aufbau einer zukunftsfähigen Gemeinsamen Agrarpolitik und eine höhere Resilienz der europäischen Landwirtschaft gegenüber möglichen Krisen auf den Agrarmärkten – was letztlich zur Sicherung der Ernährung für die Bürgerinnen und Bürger Europas beiträgt.
Die Mitteilung der Europäischen Kommission „Eine Vision für die Landwirtschaft und Lebensmittel“ wurde von den Mitgliedstaaten mit großer Zustimmung aufgenommen. Besonders betont wurde die Anerkennung der Landwirtschaft als strategisch wichtiger Sektor sowie die Notwendigkeit, diesen Bereich auch für junge Menschen als attraktive berufliche Perspektive zu stärken. Der Rat hob darüber hinaus die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherstellung eines angemessenen und fairen Einkommens für Landwirtinnen und Landwirte hervor.
Ein Beispiel für die konkreten Erfolge der polnischen Ratspräsidentschaft ist die Einigung der EU-Mitgliedstaaten Mitte März auf eine gemeinsame Position zu den Regelungen für neue genomische Techniken (NGT) in der Pflanzenzüchtung. Die Einigung basierte auf einem von Polen vorgelegten Text und ermöglichte den Beginn des sogenannten Trilogverfahrens – den Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und dem Rat der EU über die endgültige Fassung der Verordnung. Damit wurde ein zentraler Schritt umgesetzt, den der polnische Landwirtschaftsminister Czesław Siekierski bereits im Vorfeld angekündigt hatte.
Bei den NGT handelt es sich um moderne Verfahren, mit denen gezielte Veränderungen des genetischen Materials innerhalb derselben Pflanzenart vorgenommen werden können – im Gegensatz zur klassischen Gentechnik (GMO), bei der artfremdes Erbgut zum Einsatz kommt. Mithilfe dieser Techniken lassen sich Eigenschaften wie Krankheitsresistenz, Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen oder ein reduzierter Bedarf an Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln gezielt fördern – Merkmale, die mit traditionellen Züchtungsmethoden nur schwer und zeitaufwendig zu erreichen wären. Ziel der Initiative ist es daher, die Zulassung solcher nachhaltig erzeugter NGT-Pflanzen in der EU zu erleichtern.
Ein noch offener Punkt in den laufenden Verhandlungen ist die Frage des Patentschutzes, die im Rahmen des Trilogverfahrens bis Ende Juni geklärt werden soll.
Marcin Mucha, Leiter Public Affairs bei Bayer Sp. z o.o., kommentierte die Entwicklungen wie folgt:
„Neue genomische Techniken haben ein enormes Potenzial für die Landwirtschaft. Sie tragen zur Ernährungssicherheit bei, fördern die Anpassung an den Klimawandel und helfen, Umweltbelastungen zu reduzieren. Die Initiativen der polnischen EU-Ratspräsidentschaft, die den Beginn der Trilogverhandlungen ermöglicht haben, sind positiv zu bewerten – sie stellen einen wichtigen Schritt dar, um diese innovative Technologie in der EU nutzbar zu machen.“
Gesundheitssicherheit
Ziel ist es, das Gesundheitssystem in der Europäischen Union umfassend weiterzuentwickeln und die Arzneimittelsicherheit zu stärken – mit besonderem Fokus auf den Bedürfnissen und Perspektiven der Patientinnen und Patienten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Diversifizierung der Lieferketten für Medikamente sowie die gezielte Förderung der Arzneimittelproduktion innerhalb der EU, um die Abhängigkeit von externen Anbietern zu verringern und die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen – insbesondere im Kontext der zunehmenden Nutzung digitaler Technologien. Ergänzend sollen Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und zur Prävention von Krankheiten intensiviert werden.
Zu Beginn der Ratspräsidentschaft hatte die polnische Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna angekündigt, die Arbeiten am sogenannten Arzneimittelpaket mit Nachdruck voranzutreiben. Ziel ist es, zumindest eine gemeinsame Position des Rates der EU zu diesem Vorhaben zu erreichen. Dieses Ziel bleibt weiterhin bestehen: Die Beratungen im Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten bei der EU (COREPER) sind für Mitte Mai vorgesehen.
Das Arzneimittelpaket wurde von der Europäischen Kommission im Jahr 2023 vorgelegt und verfolgt unter anderem das Ziel, den Zugang zu Medikamenten in allen Mitgliedstaaten einheitlicher und gerechter zu gestalten. Der Vorschlag hat allerdings unterschiedliche Reaktionen ausgelöst: Während einige Mitgliedstaaten vor allem den Schutz der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit europäischer Pharmaunternehmen betonen, stellen andere den gleichberechtigten Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Medikamenten in den Vordergrund.
Leszczyna erklärte, die Präsidentschaft werde versuchen, beide Perspektiven miteinander zu verbinden.
Ungewiss bleiben hingegen die Chancen, während der polnischen Ratspräsidentschaft Fortschritte bei der Verabschiedung des Gesetzes über kritische Arzneimittel zu erzielen, das als integraler Bestandteil des umfassenderen Arzneimittelpakets gilt.
Derzeit mehren sich die Zweifel und Kontroversen rund um das EU-Paket zur Reform des Arzneimittelrechts. Auf dem Kongress der Gesundheitsherausforderungen wurde intensiv darüber diskutiert, wie sich die geplanten Gesetzesänderungen auf den Zugang zu Medikamenten in den EU-Mitgliedstaaten, darunter auch Polen, auswirken könnten.
Fachleute kritisierten die übermäßige Komplexität der vorgeschlagenen Regelungen, eine zunehmende Abweichung von den ursprünglich formulierten Reformzielen sowie eine spürbare Verunsicherung unter Investoren und innerhalb der Pharmaindustrie. Auch die überarbeiteten Vorschläge für das Gesetz über kritische Arzneimittel konnten die Erwartungen nicht erfüllen – insbesondere deshalb, weil sie keinen neuen finanziellen Mechanismus vorsehen, mit dem die Mitgliedstaaten bei der Sicherstellung der Arzneimittelsicherheit konkret unterstützt würden.